
Gorch Fock – Besuch und mehr [Meer]
Am 10. Februar lief die Gorch Fock zu ihrer 182. Auslandsausbildungsreise aus. Von Kiel ging es zunächst nach Vigo (Spanien), von dort aus nach Portimão (Portugal) und dann nach Las Palmas (Gran Canaria, Spanien). Die Kanaren verließ das Segelschulschiff am Karsamstag mit Kurs auf Horta (Faial, Portugal). Ein hilfreicher Nordwind mit 25-27 kn im Mast bescherte dem Kommandanten, FKpt Elmar Bornkessel, und seiner 184-köpfigen Crew (darunter 76 Kadetten) eine Fahrt unter Segeln mit gut 10-12 kn in Richtung der Azoren. Nach 55 sm gen Süden, um das Leeloch bei den Kanaren zu umschiffen, ging die Gorch Fock an den Wind. Es wurde ein Kurs von 3100 W/NW abgesetzt, so OStBtsm Steffen Kreidl. (In Horta, so die Empfehlung von Steffen Kreidl für alle Segler und Seglerinnen, die mal nach Horta gelangen, müsse man unbedingt das Peter Café Sport (https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Café_Sport), einen der weltweit bekannten einschlägigen Seglertreffs, aufsuchen.)
Ein weiterer Stopp auf den Azoren – in Ponta Delgada, der Hauptstadt der Azoren auf der Insel São Miguel – wird für einen weiteren Crewwechsel genutzt. Neben neuen Kadetten kommen 20 Navigationsunteroffiziere und -meister an Bord, die einen Lehrgang „Wetterbeobachtung“ absolvieren sollen. Anschließend wird Kurs auf Lerwick (Shetland-Inseln, Großbritannien) genommen, bevor am 24. Juni in Warnemünde der Bundespräsident mit dem gesamten diplomatischen Corps an Bord kommt. (Ein Highlight, das es zuletzt 1998 gegeben hat!) Am nächsten Tag geht es mit den hochrangigen Gästen nach Kiel. Die Gorch Fock wird, sofern die Wetterlage das erlaubt, unter Vollzeug an der Windjammerparade der Kieler Woche teilnehmen. Ein Novum seit 1972, als anlässlich der olympischen Segelwettbewerbe vor Kiel die erste Windjammerparade überhaupt stattfand!
Angesichts der umfangreichen Vorbereitungen, die für eine solche Reise notwendig sind, haben wir uns ganz besonders gefreut, dass der Kommandant und eine kleine Abordnung des Segelschulschiffs uns noch kurz vor dem Auslaufen am 10. Februar einen Besuch im Potsdamer Yacht Club abgestattet haben! Zum festlichen Abendessen im Potsdamer Zimmer konnten wir am 28. Januar
den Kommandanten, FKpt Elmar Bornkessel,
die Ausbildungsstabsoffizierin FKpt Kristine Stündel,
den III. Navigationsoffizier OFähnr zur See Felix Müller,
den Funkmeister StBtsm Peter Böhning, (zukünftig neuer Verbindungsmann der Gorch Fock zum PYC)
sowie den uns langjährig vertrauten OStBtsm Steffen Kreidl
begrüßen.
Gemeinsam nutzten wir den Abend, uns in ungezwungener Atmosphäre gegenseitig kennenzulernen und auszutauschen. Für einige war es auch ein Treffen unter alten Freunden.
Nach einem gemütlichen gemeinsamen Frühstück im Jugendhaus ging es am Morgen des 29. Januar zum Schloss Bellevue, wo wir von einem Unteroffizier der Marine empfangen wurden. Er berichtete en détail, wie auf dem Vorplatz Staatsoberhäupter und andere Gäste minutiös getaktet empfangen werden. Im Schloss wurden wir durch alle Räumlichkeiten geführt, bestaunten die stets wechselnde ausgestellte Kunst und wurden auch hier in jedem Raum ausführlich über dessen Verwendung aufgeklärt.
Nach einem kurzen Marsch durch den Park, auch hier weitere Berichte über regelmäßig dort stattfindende Veranstaltungen, über die Bepflanzung und dort lebende Tierwelt, ging es hinüber in den modernen Bau des Bundespräsidialamtes.
Auch hier nahm man sich viel Zeit und beantwortete geduldig all unsere Fragen zur Architektur und der Struktur des Amtes, zum Ende noch bei Kaffee und Brez’n. Sehr beeindruckend, alles real gesehen zu haben, wenngleich unser Bundespräsident Herr Steinmeier, wie zu erwarten, keine Zeit für unsere Delegation hatte.
Nach einer Stärkung im Schleusenkrug, zu der uns der Kommandant einlud, folgte zum Abschluss ein Highlight für alle technisch Interessierten: eine Führung durch die Versuchsanlagen des Instituts für Land- und Seeverkehr (Fachgebiet: Dynamik Maritimer Systeme) der TU Berlin auf der nahegelegenen Schleuseninsel. Das Gebäude der 1903 gegründeten einstmaligen Preußischen Versuchsanstalt für Wasser-, Erd- und Schiffbau beherbergt nicht nur eine Tiefwasserrinne von 250 Metern Länge, mit einer Breite von 8 Metern und einer Tiefe von 4,8 Metern, sondern auch eine erst im Juni 2024 eingeweihte neue Wellenmaschine, mit der Wellen mit Wellenlängen zwischen 1,5 und 27 Metern und einer Wellenhöhe von bis zu 0,6 Metern generiert werden können. Auch winzige Amplituden von nur 5 mm sind möglich. Ein gleichmäßiges Wellenbild kann ebenso erzeugt werden wie schräg verlaufende Wellen. Und damit möglichst schnell wieder ein ruhiger Normalzustand hergestellt werden kann, ist mit den einzelnen Wellenklappen auch eine individuell bemessene aktive Dämpfung möglich. Daneben befindet sich das sogenannte „Seegangsbecken“ mit einer Länge von 120 m, einer Breite von ebenfalls 8 m, aber einer Tiefe von nur 1,1 m, das ebenfalls mit einer Wellenmaschine mit unterschiedlichen Klappen (aber weniger High End) ausgerüstet ist. Schleppwagen mit entsprechender Messtechnik ermöglichen die Beschleunigung von Modellen im Wasser und die Messung von Kräften und Momenten am Schiffsmodell unter realistischen Bedingungen.
Natürlich haben wir auch den Umlauftank „UT 2“ besichtigt – Berlinern in aller Regel unter der landläufigen Bezeichnung „Rosa Röhre“ bekannt. Das 120 Meter lange Ringrohr mit einem Durchmesser von bis zu 8 Metern und einer Höhe von 19 Metern ist heute allerdings leider vor allem nur ein architektonisches Highlight. Trotz erfolgter Sanierung konnte diese Ikone der Pop-Kultur nämlich noch immer nicht wieder in Betrieb genommen werden. Nun ist sie vor allem eins: fotogen.
Apropos „fotogen“: An einer Wand über dem Seegangsbecken entdeckten wir ein antiquiert wirkendes Schiffsmodell mit einer tragflächenartigen Konstruktion am Rumpf. Foils? „Ja, klar“, erläuterte der kenntnisreiche Techniker, der uns durch die Anlagen führte. „Foiling ist doch ein alter Hut.“ – Wir haben viel gelernt an diesem Nachmittag.
Nach einem herzlichen Abschied machten sich der Kommandant und die Delegation der Gorch Fock auf den Rückweg nach Kiel — um kurz darauf zur 182. Auslandsausbildungsreise zu starten, deren Verlauf Sie unter https://www.marinetraffic.com/de/ais/home/shipid:130457/zoom:10 folgen können.
Matthias Haller, Alice von Grotthuss, Sigrun Putjenter 23.04.2025