
Kommandowechsel auf der Gorch Fock
Von 6:10 Uhr bis 16:00 Uhr – der 25. Juli 2024, Tag der Kommandoübergabe von Kpt zS Andreas-Peter Graf von Kielmansegg an FKpt Elmar Bornkessel war minutiös durchgetaktet. Einen wirklich exklusiven Slot von 8:15 Uhr bis 9:00 erhielt die kleine Delegation des Potsdamer Yacht Club, die auf Einladung des scheidenden Kommandanten nach Kiel gereist war: der Erste Vorsitzende, Benedikt Heüveldop, mit Gattin, Irene Schifferer, Gorch-Fock-Connaisseur Dr. Constantin Elfe, unsere Kontaktfrau in der Geschäftsstelle Claudia Adrian, Sportobmann Carsten Hanisch und die hier tippende ehemalige Schriftführerin, Sigrun Putjenter. Es war eine große Freude und eine große Ehre, dabei zu sein und zudem die an diesem Tag wohl einzige Gelegenheit zu erhalten, noch einmal in Ruhe ein Gespräch mit dem Kap’tän führen zu dürfen. In diesem Rahmen konnte der Erste Vorsitzende dem Kommandanten die außerordentliche Mitgliedschaft ehrenhalber (mit Nadel und Urkunde) im Potsdamer Yacht Club verleihen; die ehemalige „Chronistin“ des Clubs überreichte als kleinen Ausschnitt dieser Chronik ein kleines Fotobuch mit Bildern von den wechselseitigen Besuchen zwischen der Besatzung des Segelschulschiffs und dem PYC in den Jahren 2022 bis 2024. Danach musste Graf von Kielmansegg zu den Pressevertretern eilen, die bereits auf der Gorch-Fock-Mole warteten.
OStBtsm Steffen Kreidl führte uns anschließend in die Werkstatt, um uns das selbstgebaute Abschiedsgeschenk der Besatzung für ihren Kommandanten zu zeigen: ein detailgetreues kleines Modell des „Klaviers“ der Gorch Fock – mit einer geschickt verborgenen Schublade für einen kostbaren Tintenfüller sowie den Abstellplatz für ein kleines Tintenfässchen, und das alles in einer passenden, schützenden Kiste. Auch der Kommandantenstander, der stets vom Großmast weht, sollte – auf einer hölzernen Tafel aus Decksplanken fixiert – als Wandschmuck überreicht werden.
Solchermaßen in die Geheimnisse eingeweiht begaben wir uns an Deck. Bis 9:45 Uhr sollten alle Gäste an Bord sein. Auch die ehemaligen Kommandanten Kpt zS aD Hering, Kpt zS aD Schamong, Kpt zS aD Brühn und Kpt zS Brandt gaben sich die Ehre. Um 9:50 Uhr stand das Antreten der Besatzung zum Kommandowechsel auf dem Programm, und damit nahm das militärische Zeremoniell seinen Lauf – ordentlich, zuverlässig wie ein Uhrwerk und stets mit gebührendem Respekt. Etwas außergewöhnlich, aber sehr passend festlich war die Beteiligung des Marinemusikkorps unter der Leitung von Frau KptLt Hilsberg („Für so einen freundlichen Menschen machen wir das sehr, sehr gerne!“).
Innerhalb von nur einer Stunde wurden alle Reden gehalten, Blumensträuße an die Partnerinnen der beiden Kommandanten überreicht, je ein Musikwunsch für die Kommandanten, alt und neu, vom Musikkorps erfüllt sowie das Schleswig-Holstein-Lied und die Nationalhymne gespielt. Das ist Disziplin!
Während der bisherige Kommandant, Kpt zS Graf von Kielmansegg, dem der Abschied sichtlich schwerfiel, sich vor allem bei seiner Mannschaft bedankte, die ihn u.a. „noch einmal die unverbrüchliche Kameradschaft an Bord“ hätten spüren lassen, sich aber ansonsten kurzfasste („Als scheidender Kommandant soll man eigentlich nicht lange reden, da soll man vor allem gehen!“), holte der Kommandeur der Marineschule Mürwik, FltlAdm Jens Nemeyer, etwas weiter aus und führte allen Anwesenden die Leistungen, die Graf von Kielmansegg, innerhalb von nicht einmal zweieinhalb Jahren vollbrachte, vor Augen. Dazu zählten neben zahlreichen schwierigen Manövern mit dem Segelschulschiff (nicht nur in bestimmten Häfen wie St. Malo, sondern vor allem auch bei Events wie der Windjammerparade mit unzähligen kleinen Schiffen, die sich der Gorch Fock immer wieder „auf Armeslänge näherten“) vor allem die Ausbildung sowohl der Kadetten als auch der Stammbesatzung. Schließlich, erinnerte FltlAdm Nemeyer die Anwesenden, sei nach der langen Werftzeit keine vollständige, fertig ausgebildete, eingespielte Stammbesatzung mehr auf dem Schiff gewesen. Innerhalb seiner kurzen Amtszeit habe der Kommandant es aber geschafft, eine solche heranzuziehen und so auszubilden, dass das Schiff nun wieder uneingeschränkt für die Ausbildung der jungen Offiziersanwärterinnen und -anwärter zur Verfügung stehe.
Der neue Kommandant, FKpt Bornkessel, bedankte sich bei seinem Vorgänger und richtete den Blick dann in die Zukunft: Ein Jahr bleibe ihnen, sich u.a. mit einer Fahrt in den tendenziell eher unangenehmen Norden (mit schlechterem Wetter und schwererer See) auf die erste Atlantiküberquerung seit 2011 vorzubereiten. Ziel werde die Ostküste der USA sein. Am 4. Juli 2026 möchte der neue Kommandant mit der Gorch Fock anlässlich des 250. Jahrestages der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten in New York einlaufen. Zunächst aber stehen die Tall Ships Races 2024 Anfang August in Stettin auf dem Programm sowie direkt im Anschluss die 33. Hanse Sail in Rostock/Warnemünde. Danach müsse ein kurzer „TÜV“-Aufenthalt in der Lürssen-Werft in Hamburg absolviert werden, der, so unterstrich FKpt Bornkessel, hoffentlich fristgerecht durchgeführt werde, um die anspruchsvollen Pläne nicht zu durchkreuzen.
Nach den teils launigen, durchweg warmherzigen Reden wurde zum Empfang aufs Achterdeck geladen. Ein letztes Highlight ließ sich von dort beobachten: „11:45 Uhr: Abpullen Kdt alt“ hieß der Tagesordnungspunkt in der internen Tagesplanung. Die Mannschaft ließ es sich nicht nehmen, ihren soeben verabschiedeten Kommandanten mit dem Kutter von Bord und an Land zu bringen. Auch wenn es dem bescheidenen Grafen von Kielmansegg widerstrebte, dass seine Leute sich für ihn buchstäblich noch einmal in die Riemen legen wollten – ein Abschied über die Stelling wäre undenkbar gewesen. Und so ging, terminlich ganz gemäß Protokoll, ein wunderbarer Vormittag – bei strahlendem Ostsee-Sommerwetter, wofür der schleswig-holsteinische Landtagsvizepräsident Peter Lehnert ein gebührendes Lob von der Marine erhalten hatte – zu Ende.
Ein herzlicher Dank geht noch einmal an den unermüdlich hinter den Kulissen wirkenden OStBtsm Steffen Kreidl sowie an den nunmehr ehemaligen Kommandanten, Kpt zS Graf von Kielmansegg, und seinen Nachfolger, FKpt Bornkessel, denen wir an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich für die Einladung danken und das Allerbeste wünschen: „Fair winds and following seas!“
Sigrun Putjenter