Für die Bordbibliothek

04. April 2021
Kategorie: 
Sonstige

Wilfried Erdmann: Ich bin auf See
(Delius Klasing, 1. Aufl. 2021. 272 Seiten, 180 Fotos und Abb., mit Schuber. - ISBN 978-3-667-11853-0, 45 €)

„Bewahrt eure Neugier“ (Kap. Alles hinter sich lassen, S. 215) und „Segeln ist das Tempo der Freiheit“ (Kap. Licht auf dem Wasser, S. 137) sind für W.E. die Motivation für den Titel „Ich bin auf See“.
Man merkt sofort, dass W.E. Bücher liebt, der feste Einband, die leicht lesbare Schriftgröße und vor allem die wirklich erzählenden Bilder aus den über 50 Jahren Segelleben geben dem Leser sofort Vertrauen in das Kommende.
In jedem Fall ist dieses Buch die Quintessenz seiner Lebens- und Segelerfahrungen aus 14 Langfahrten (dabei 4 Weltumsegelungen). Praktisch hat er hier seine Memoiren selber geschrieben, vielleicht weil er es keinem anderen zutraute. Die Texte und die Zuordnungen der vielen Bilder sind offenbar mit einem Blickwinkel aus der Masthöhe geschrieben, keine chronologische Reihenfolge wie sonst üblich, sondern nach den Situationen auf See aufgeschrieben. Kurze Sätze, manchmal nur ein Wort, aber immer klar, was er ausdrücken möchte. Dadurch sehr abwechslungsreich und unterhaltend.
Überhaupt ist Klarheit seine Lieblingsvokabel, für das Zusammenleben an Bord zu zweit (mit seiner Frau Astrid), auch und gerade mit seinem Sohn (ab 3 Jahren), in der Routenplanung, in seinem Alleinsein, arbeiten, essen, schlafen.
Extremsegeln (seine Wortwahl) ist sicher sein Metier, doch für manche andere seiner Formulierungen wie „hübsche Neugierige“ oder „exotische Menschen“ oder „Eingeborene“ könnten andere Vokabeln gefunden werden. Fischfang ist für seinen Sohn Kym (3-4-Jahre alt) sein Spielfeld.
Das Kapitel „Rettet die Meere“ ist für ‚grüne‘ Überzeugungen widersprüchlich. Einerseits beschreibt W.E. übelste Reinigungsmittel, anderseits fehlt in der Ausrüstungsliste seiner Schiffe jeglicher Hinweis auf z.B. sanitäre Einrichtungen. Plastikabfälle im Meer sind nur ein Teil der Verschmutzung, auch seine Schiffe mussten einmal hergestellt werden, aus Holz, oder Kunststoffen, die Segel, sein Ölzeug.
Diese seine Beschreibungen seines Lebens auf den Meeren, seine Segel-(Weisheiten) regen sehr zum (Mit)-Denken an, auch wenn manche Erzählungen kontroverse Ansichten hervorrufen.
Wer unorthodoxes Leben, unbegrenzte Freiheit und vor allem die See spüren will, sollte diese Erinnerungen sein Eigen nennen.
Dr. Rainer Didszuhn

(Der Verlag bietet eine Leseprobe auf seiner Website an.)
 

Wilfried Krusekopf: Einfach segeln – Rückkehr zum Wesentlichen
(Delius Klasing, 1. Auflage 2021. 188 Seiten, 118 Fotos u. Abb. - ISBN 978-3-667-11969-8, 16,90 €)

Der Autor des knapp 190 Seiten umfassenden kleinen Hochglanz-Taschenbuches ist ein erfahrener Segler, der von seiner Basis in der Bretagne aus die Küsten Europas und den Nordatlantik bis in die Karibik teils Einhand, teils mit kleiner Crew bereist. Aus diesem großen Erfahrungsschatz heraus teilt er seine Erkenntnis, dass nicht alles, was die Technik und der Markt heute für Segler und Boote anbieten, für eine weltweite Langfahrt uneingeschränkt geeignet ist. So ist auch der Buchtitel gerne in zweierlei Betonung zu lesen.
Einerseits im Sinne des einfachen Segelns, indem dieses Buch sehr konkret und eindringlich darauf eingeht, wie der Segler mit weniger moderner Technik, weniger Materialeinsatz und auch weniger finanzieller Belastung seinen Segelgenuss steigern kann. Andererseits ist beim Lesen des Buches stets herauszulesen, dass der Spaß am Segeln und die damit verbundene Lebensqualität, die Unabhängigkeit, Naturnähe und gelebte Nachhaltigkeit für den Autor eine große Rolle spielen. Einfach lossegeln.

Wilfried Krusekopf, Jahrgang 1951, erhielt seine Navigationsausbildung in der Bundesmarine und machte als ehemaliger Mathematik- und Physiklehrer sein Hobby zum Beruf. Seit 25 Jahren als Skipper auf seiner Hallberg-Rassy 39 bietet er kleinen Crews von entspanntem Segeln bis hin zu einer qualifizierten Skipperausbildung. Seine dabei gemachten Erfahrungen hat er in etlichen Büchern zu Papier gebracht.
Dementsprechend geht das vorliegende Buch sehr ausführlich auf so gut wie jeden Aspekt der Bootsausstattung zur Langfahrt ein. Wilfried Krusekopf beginnt mit einer kritischen Betrachtung unserer „modernen“ Segelwelt, in der er die Entwicklung hin zu immer größeren, breiten, auf die Anforderungen des Chartermarktes optimierten Yachten hinterfragt. Ebenso werden die Entwicklungen in Bezug auf Ausrüstung und Crewkompetenz einer kritischen Betrachtung unterzogen. Aus dieser Haltung heraus versucht er, im zweiten Kapitel den Gegenpol zu beschreiben, indem er die Frage zu beantworten sucht, warum wir eigentlich segeln. Dazu wird die ästhetische Seite des Segelns ebenso betrachtet wie die Freude an Unabhängigkeit und die Herausforderungen, die die Führung einer Yacht mit sich bringen kann.

Unter dem Leitmotiv der größtmöglichen Unabhängigkeit beim Segeln werden im Hauptkapitel des Buches die Themen der für Langfahrt geeigneten Rumpfformen, die sinnvolle Größe der Tanks, das Rigg, Segel, stehendes und laufendes Gut eingehend betrachtet. Es folgen Empfehlungen zur Ausstattung mit geeigneten Ankern, die richtige Wahl der Motorisierung, Elektrik und Elektronik, Kommunikation, Navigation und schließt mit einer Diskussion zur wünschenswerten Ausstattung an und unter Deck bis hin zur geeigneten Bekleidung. Das Kapitel endet mit einer detaillierten Empfehlung zu notwendigen Bordmitteln, Kenntnissen und Werkzeugen für eine größtmögliche Unabhängigkeit auf weltweiter Fahrt.
Ein eigenes, kurzes Kapitel widmet sich den schönen Seiten der „klassischen“ Navigation und unterstreicht zum häufig wiederholten Male die Skepsis des Autors an einem Zuviel an moderner Technik an Bord. Insofern bietet das Büchlein so etwas wie eine kleine Schulungseinheit in Bezug auf Navigation mit Magnetkompass, Kurs- und Positionsbestimmungen sowie Astro- und meteorologischer Navigation. Ebenso wie der Autor dabei jedoch stets auf die weiterführende Literatur verweist, kann bestätigt werden, dass diese Ausführungen in keiner Weise eine qualifizierte Ausbildung ersetzen können oder wollen. Ein weiteres kleines Kapitel widmet sich der Frage, wieviel Öko beim Segeln realistisch machbar sei. Hier werden erneut z.B. Rumpf, Motor, Segel, Tauwerk, Energieversorgung und Antifouling unter diesem Aspekt betrachtet und Für und Wider gegeneinander abgewogen.
Zusammenfassend schließt das Buch mit Empfehlungen, was beim Kauf eines für Langfahrt tauglichen Segelbootes zu beachten sei. Hierbei steht erneut die Überlegung und Erfahrung im Vordergrund, wie auch mit kleinerem Geld ein Boot für eine erfolgreiche Langfahrt vorbereitet, die Reise dann richtig geplant und mit Spaß und Überzeugung ein meist wichtiger Lebensabschnitt zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht werden kann.

Auch wenn das Buch eine Fülle von Ratschlägen und Erfahrungen bietet, ist es gerade durch diese Dichte von Informationen eher für diejenigen geeignet, die sich inspirieren lassen wollen, vielleicht selber einmal auf eigenem Kiel für längere Zeit unterwegs zu sein. Andererseits bietet das Büchlein dann, wenn solche Pläne konkreter werden sollten, lediglich eine Art Zusammenfassung oder Überblick und verweist dabei oft auf weiterführende Literatur am Ende des Buches. Diese eher schlanke Literatursammlung erscheint dann jedoch ein wenig entfernt von hinreichender Vollständigkeit.
So ist dieses Buch ganz seinem Titel entsprechend weniger als Unterhaltung zu lesen, sondern es vermittelt den Anspruch des Autors, seine langjährigen Erfahrungen als Skipper seines eigenen Schiffes auf großer Fahrt mitzuteilen. Und es macht beim Lesen auch Lust darauf, sich mit dem Gedanken zu beschäftigen, als Freizeitskipper auf dem Wannsee vielleicht doch noch eines Tages den Schritt zu blauem Wasser zu wagen.

Dr. Eckhard Hunger

(Der Verlag bietet eine Leseprobe auf seiner Website an.)